Veröffentlicht in der International Paper Board Industry, November 2022

Die Model AG - ansässig in der Schweiz - und MINDA verbindet eine langjährige Partnerschaft. Am Standort in Weinfelden hat MINDA bereits den Fertigwarentransport von der Verarbeitungsmaschine bis zum Hochregallager umgesetzt. In einem gemeinsamen nächsten Schritt wurde der Lückenschluss von der Wellpappenanlage (WPA) zu den Verarbeitungsmaschinen automatisiert, um den Produktionsprozess noch effizienter zu gestalten. Zusätzlich wurden ein Inhouse Storage, ein Dreistock- und ein Flächenlager eingebracht. Der Abtransport aus der WPA zu den Verarbeitungsmaschinen wurde dabei palettenlos gestaltet, um sowohl Schmutz als auch Abfall – durch Beschädigung der untersten Bögen auf den Paletten – zu minimieren.

Inhouse Storage auf drei Ebenen

Umbau im Bestand als besondere Herausforderung 

 In drei bestehenden Werkshallen mit unterschiedlichen Dachkonstruktionen und Höhen war es vom Planungsbeginn an das Ziel, diese nicht baulich zu verändern. Um die Versorgung der Verarbeitungsmaschinen entsprechend der räumlichen Gegebenheiten optimal zu automatisieren, wurde jede Maschinenhalle entsprechend ihrer Anforderungen (u.a. Ausstoß der WPA und Input der Verarbeitungsmaschinen) gesondert betrachtet. MINDA erarbeitete für Model ein gesamtheitliches Lösungskonzept mit drei unterschiedlichen Lagertypen, bestehend aus Inhouse Storage (Regallagersystem), Dreistock-Flächenlager und Flächenlager. Die Lagertypen wurden maßgeschneidert dem baulichen Bestand angepasst und berücksichtigen dabei neben den Dachhöhen u.a. Säulenraster, Tore und Durchbrüche, sowie das Fluchtwegekonzept. 

3D-Scan für einen optimierten Projektablauf 

Um die geplanten Lager passgenau zu konstruieren, hat MINDA vor Ort mittels 3D-Scan die Vermessung vorgenommen. Mit Hilfe eines 3D-Scanners wurden dreidimensionale Punktewolken erzeugt, welche eine detailgetreue Visualisierung des Baubestandes ermöglicht haben. In den nahezu 360°umfassenden Scans konnten alle baulichen Gegebenheiten wie Säulen, Bestandsmaschinen und Störkonturen sichtbar gemacht werden. Da die Laserscans vor Ort in kürzester Zeit angefertigt wurden, schafft diese Maßaufnahme nicht nur Planungssicherheit, sondern ist gleichzeitig auch ein kostenoptimiertes Modell durch Zeitersparnis und Genauigkeit. 

Die verschiedenen Lagertypen im Vorfeld als 3D-Modelle einzufügen, hat es Model und MINDA ermöglicht, die Planung zu vereinfachen und den Projektablauf zu optimieren. Durch die Visualisierung konnte der Kunde den geplanten Umbau bereits im Vorfeld sehen. Im Scan konnten Störkonturen sichtbar gemacht werden, die für einen reibungslosen Projektablauf bereits vor Installationsbeginn angepasst wurden. 

Umbau im laufenden Betrieb 

Diese vorausschauende Projektplanung ermöglichte die Umsetzung der Automatisierung während des laufenden Betriebes zu vollziehen. Dabei musste auch die Reihenfolge des Aufbaus berücksichtigt werden: Die vorhandenen Tore durften nicht zugebaut werden und es musste jederzeit die Möglichkeit bestehen, neue Maschinen einzubringen. Die Umstellung des Abtransports aus der WPA palettenlos zu gestalten, wurde zwischen Weihnachten und Neujahr terminiert, um die Ausfallzeiten für den Kunden so gering wie möglich zu halten. In dieser Zeit hat MINDA sein Montage- und Inbetriebnahmepersonal entsprechend aufgestockt, um die Produktion des Model-Werkes zu Jahresbeginn wieder in Etappen anlaufen zu lassen. 

Inhouse-Storage 

Direkt an die WPA wurde ein Inhouse Lager, bestehend aus der Stahlkonstruktion des Regals und einem Regalbediengerät pro Gasse, mit vier Gassen angebunden. Durch die offene Bauweise des Regals, welches nur umzäunt und nicht eingehaust werden muss, entstehen optimale Bedingungen für die Zwischenlagerung der Wellpappe. Durch die Platzierung der Stapel im Inhouse Lager werden die Konditionen der Wellpappe vergleichmäßigt. Ein weiterer Vorteil dieser Lagerlösung ist der Zugriff auf jeden einzelnen Stapel durch die einfach-tiefe Einlagerung. Dadurch ist die Auslastung der Lagerfläche im Inhouse-Lager größer und auch das Umlagern deutlich effektiver. Kapazität und Nutzung der Lagerfläche sind dabei optimal aufeinander abgestimmt. 

Die Höhe des Lagers wurde an die vorhandene Hallensituation angepasst und auf drei Etagen ausgelegt. Die Einlagerung in das 3-etagige Lager erfolgt palettenlos und zudem wurde die Stapelhöhe der Fächer für Model optimiert. So können einzelnen Fächern, je nach vorhandenen Störkonturen des Deckenspiegels, individuelle Stapelabmessungen zugewiesen werden, um den vorhandenen Platz optimal auszunutzen. Die einzelnen Regalfächer können durch verschieden breite Blöcke belegt werden, sodass beispielsweise ein Großblock oder auch zwei kleine halbe Fachbreiten in einem Fach eingelagert werden können. 

Die eigens von MINDA konstruierten Regalbediengeräte (RGB) haben nur zwei Bodenschienen und benötigen keine obere Führung. Dabei bedienen sie die Regalfächer in beide Richtungen per Teleskopgabeln. Durch die Einhausung des Regalbediengeräts und die von MINDA verwandte hochmoderne Sicherheitstechnik stellen die RGB keine Gefahr für den Bediener dar.  

Die Verwendung eines Inhouse-Storages ist ideal bei geringen Platzverhältnissen, da das Lager auf geringer Grundfläche senkrecht nach oben aufgebaut ist und dabei die gegebene Hallenhöhe maximal ausgenutzt werden kann. Zudem bietet es den Vorteil, dass der Regalaufbau an sich wartungsarm ist, sodass keine Ersatzteilhaltung für das Regal notwendig ist. Üblicherweise reicht zum Aufbau eines Inhouse-Lagers Industrieboden aus und es werden keine zusätzlichen Fundamente benötigt. 

Dreistock-Lager 

Auch das von MINDA konzipierte Dreistock-Flächenlager ist auf die vorhandene Hallenhöhe abgestimmt und die Lagerflächen in erster und zweiter Ebene überbauen die Maschinenzuführungen mit den Fördererlängen der Kunststoffkettenförderer, sodass hier ein dreigeschossiges Lager optimal den zur Verfügung stehenden Freiraum “ähnlich einem Balkon” ausnutzt. Die Ausführung erfolgt als Flächenlager mit angetriebenen Förderern. 

Dabei können Auftragswechsel sehr schnell umgesetzt werden, da die Auftragsreihen im Lager bereits entsprechend vorsortiert sind und für den schnelleren Zugriff bereitstehen. Durch die umgesetzte Lagerlösung kann der hohen Verarbeitungsgeschwindigkeit der Inliner entsprochen werden. 

Je nach Maschine werden unterschiedlich breite Stapel verarbeitet. Die verschiedenen Breiten werden auch bei der Einlagerung ins Dreistock-Lager berücksichtigt, da nebeneinanderstehende Kunststoffkettenförderer im Lager individuell, gekoppelt oder einzeln gesteuert werden können, um je nach Breite der Aufträge die vorhandene Lagerfläche optimal zu nutzen. Damit sind im Maschinenlager unterschiedlich breite Lagerlinien jederzeit berücksichtigt. Die Kunststoffkettenförderer in der ersten und zweiten Lagerebene sind integriert mit dem Stahlbau. Beides wurde von MINDA aus einer Hand konstruiert und geliefert. Der schonende Warentransport auf den eingebrachten Kunststoffkettenförderern vermeidet dabei den “sheet walk effect” / Elefantenfuß und die Beschädigung der Stapel bei der Einlagerung. 

Um die Platzausnutzung optimal zu gestalten, wurde das Lager zudem in 1. und 2. Ebene oberhalb der Maschinenzuführung gebaut 

Durch Treppen an der Stirnseite des Lagers wird die Begehbarkeit jeder Ebene zu jeder Zeit sichergestellt, sodass bei möglichen Störungen ein schneller Zugang gewährleistet ist. Außerdem wird das Lager in der ersten und zweiten Ebene als LiFo-Lager (Last in – first out) betrieben. 

Der installierte Dreistockwagen bedient das Lager zu beiden Seiten und vollzieht dabei überlagerte Fahr- und Hubbewegungen zur Produktivitätssteigerung. 

Flächenlager 

Das Lagerkonzept für Model hat MINDA in diesem Bereich zusätzlich um ein Flächenlager vor den Stanzmaschinen ergänzt. Bei der niedrigen Deckenhöhe war der Aufbau eines mehrgeschossigen Lagers aus Kapazitätsgründen vor den Stanzmaschinen nicht notwendig. 

Im Flächenlager werden die Stapel auftragsreihenweise einsortiert. Durch die individuelle Steuerung der Kunststoffkettenförderer können unterschiedlich breite Stapel eingelagert werden. Die Kunststoffkettenförderer lassen sich durch Einzelsteuerung, Zwei- oder Dreifachkopplung individuell der Stapelbreite anpassen, sodass verschiedene Auftragsbreiten- und längen je Anwendungsfall eingelagert werden können. Die Kopplung der Kunststoffkettenförderer im Flächenlager trägt zur optimalen Platzausnutzung bei.  

Um die vorhandenen Platzverhältnisse bestmöglich auszunutzen, werden die Stapel in diesem Lagertyp lückenlos zwischengelagert. Durch die eingebrachten Kunststoffkettenförderer wird auch hier der sheet walk effect vermieden. 

Die Maschinenbediener können bereits im Vorfeld die Stapel nach Planlage und Wellenausrichtung beurteilen und falls notwendig eine Drehung (180°, 90°, -90°) innerhalb der Maschinenzuführung per Dreheinrichtung vornehmen.  

Vorausschauend in der Planung hat MINDA für das spätere Einbringen größerer Maschinenteile im Bereich des Flächenlagers Freiräume gelassen.  

Visualisierung 

Das Steuerungs- und Visualisierungssystem MINDA MoveIT ermöglicht die lückenlose Materialflussverfolgung über alle drei Lagerkonzepte. Mit dieser Software-Lösung kann jeder Stapel gemäß den Planungen des SAP-Systems identifiziert werden. Die dynamisch visualisierten Prozesse ermöglichen es Model zudem, Statistiken aus den umgesetzten Lagerkonzepten zu ziehen und jederzeit Inventuren durchzuführen. 

Fazit 

Mit den drei unterschiedlichen Lagertypen hat MINDA bei Model eine ideale Lösung geschaffen, um in Kombination die WPA vollautomatisch zu entsorgen und gleichzeitig die Verarbeitungsmaschinen optimal zu versorgen. Durch die Kombination von Inhouse Lager, Dreistock Lager und Flächenlager wurde das Lösungskonzept von MINDA an die Gegebenheiten vor Ort angepasst, sodass der bauliche Bestand nicht verändert werden musste. Dabei können beide Bereiche (WPA und Verarbeitungsmaschinen) unabhängig voneinander arbeiten, sodass das Schichtsystem des Kunden berücksichtigt wird.  

Über alle drei Lagertypen wurde das Fluchtwege Konzept des Kunden berücksichtigt und unter Einsatz hochmoderner Technik Sicherheit für die Bediener geschaffen. 

Die Herausforderung, die Automatisierung in Bestandshallen und laufendem Betrieb umzusetzen, haben Model und MINDA gemeinsam angenommen und in enger Abstimmung zum Ziel geführt: Mit dem Zusammenspiel von Inhouse-, Dreistock- und Flächenlager wurde der Produktionsprozess vor den Verarbeitungsmaschinen mit einem gesamtheitlichen Lösungskonzept, in unterschiedlichen Ausführungen, optimal automatisiert.